Die Abwertung benachteiligter Gruppen und Menschen gewinnt in Deutschland zunehmend an Boden. Doch wie reagiert man auf die Abwertung von Menschen bzw. auf inklusionsfeindliche Äußerungen vor allem von rechtsgerichteten Organisationen und Parteien? Hält man dagegen und gibt den Provokateur*innen damit noch zusätzliche Aufmerksamkeit? Oder ignoriert man solche Äußerungen, um ihnen keine zusätzliche Plattform zu bieten? Mit dieser Frage mussten sich auch die Behindertenverbände in den letzten Jahren immer wieder auseinandersetzen. Die jüngsten Äusserungen gegen die schulische Inklusion behinderter Menschen des immer wieder Grenzen überschreitenden Thüringer AfD-Chefs Björn Höcke, der fordert, dass Kinder mit Behinderungen nicht mehr an Regelschulen unterrichtet werden sollen, haben nun für eindeutige Reaktionen gesorgt und heftige Kritik von Gewerkschaften und Behindertenverbänden ausgelöst.
„In dem am Mittwochvormittag live gestreamten Gespräch zählte Höcke dann auf, was seiner Meinung nach die ‚Belastungsfaktoren‘ seien, die man ‚vom Bildungssystem wegnehmen müsse‘. Er sprach von einer ‚Wende‘ in der Einwanderungspolitik, die ‚ganz ganz zentral‘ sei, also von weniger migrantischen Kindern. Und er sprach von Kindern mit Behinderungen. Denn laut Höcke ist Inklusion eines der ‚Ideologieprojekte‘, von dem man das Bildungssystem ‚befreien‘ müsse. Solche Projekte würden ‚unsere Schüler nicht weiterbringen‘ und ’nicht leistungsfähiger machen‘. Sie führten nicht dazu, ‚dass wir aus unseren Kindern und Jugendlichen die Fachkräfte der Zukunft machen’“, heißt es in einem Bericht des SPIEGEL über das Sommerinterview des MDR mit Björn Höcke. Der SPIEGEL-Bericht greift u.a. auch die Kritik der Bundesvereinigung Lebenshilfe und der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) an den Äußerungen Höches auf.
Gerade im Hinblick auf die derzeit hohen Umfragewerte der AfD auf Bundesebene und besonders in den ostdeutschen Bundesländern bekommen solche behindertenfeindliche Äußerungen nach Ansicht der LIGA Selbstvertretung nun eine besondere Relevanz. Dies könne nicht mehr als Sommerloch-Provokation abgetan werden, sondern mache deutlich, welche Gefahren mit einer Stimmabgabe für die AfD verbunden sind. Die demokratischen Parteien müssten mit einem klaren Bekenntnis und vor allem mit einer konsequenten Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention und der schulischen Inklusion klare Kante gegen solche Haltungen zeigen. Vor allem im Vorfeld der Staatenprüfung Deutschlands am 29. und 30. August in Genf in Sachen Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention gelte es, der Inklusion generell, aber der schulischen Inklusion besonders, Rückenwind zu verschaffen, fordert die LIGA Selbstvertretung.
OTTMAR MILES-PAUL, KOBINET
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