64. Treffen der Behindertenbeauftragten von Bund und Ländern und der Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation e.V. (BAR) ++ Gemeinsame Erklärung verabschiedet
Thema: Inklusiver Arbeitsmarkt
Der inklusive Arbeitsmarkt ist nach wie vor nicht Realität. Und dass, obwohl Firmen über Mangel an Nachwuchs oder Fachkräfte klagen. Unzureichende Durchlässigkeit der Bildungs- und Ausbildungssysteme, Formale Abschlussanforderungen anstatt Anerkennung vorhandener Kenntnisse und Erfahrungen sowie fehlende Unterstützung inklusiver Ausbildungs- und Arbeitsmöglichkeiten führen dazu, dass häufig Menschen mit Behinderungen statt im Arbeitsmarkt direkt nach der Förderschule in einer WfbM landen. Der Weg in den ersten Arbeitsmarkt ist aus einer WfbM schwierig und mit bürokratischen Hürden gespickt. Die Menschen werden unzureichend auf den Arbeitsmarkt vorbereitet. In den letzten Jahren hat es sich etabliert, dass Werkstätten Leistung ihrer Beschäftigten verkaufen, Arbeitssituationen darauf hin abgestellt sind und die Beschäftigten kaum auf die spezifische Situation des ersten Arbeitsmarktes vorbereitet werden. Die zur Verfügung gestellten Förderinstrumente für eine selbstbestimmt Teilhabe der Menschen mit Behinderungen sind zu gering ausgestattet und werden unzureichend umgesetzt. Bürokratische Hürden führen dazu, dass viele Menschen ihr Recht auf Teilhabe nicht umsetzen können.
Schon seit Jahren wird durch die Selbstvertretungsorganisationen gefordert, die UN BRK konsequent umzusetzen. Dazu gehört auch das Recht auf Teilhabe im Arbeitsleben.
Ein wichtiger Schritt ist die gemeinsame Erklärung der Behindertenbeauftragten von Bund und Land.
Als LIGA Selbstvertretung werden wir in Thüringen das Thema inklusiver Arbeitsmarkt im kommenden Jahr als Leitthema begleiten.
Zum Abschluss ihres 64. Treffens am 3. und 4. November haben die Behindertenbeauftragten von Bund und Ländern heute in ihrer „Erfurter Erklärung für einen inklusiven Arbeitsmarkt 2030“ Forderungen für einen inklusiven Arbeitsmarkt gestellt und Wege dorthin aufgezeigt. Die Beauftragten sind der Auffassung, dass es verstärkter Anstrengungen, Impulse und Instrumente für die Erreichung eines inklusiven Arbeitsmarktes bedarf.
Jürgen Dusel dazu: „1,3 Millionen schwerbehinderte Menschen sind sozialversicherungspflichtig beschäftigt, sie machen jeden Tag einen guten Job. Es ist ein Vorurteil, dass Menschen mit Behinderungen nicht leistungsfähig sind. Ich bin der festen Überzeugung: Es gibt keinen einzigen Arbeitsplatz, der nicht von einem Menschen mit Behinderung gut ausgefüllt werden kann – wenn die Rahmenbedingungen stimmen.“ Dusel weiter: „Um Wege in eine gute Beschäftigung zu ermöglichen, müssen sowohl der Gesetzgeber als auch die Arbeitsverwaltung im Blick haben, dass Menschen mit Behinderungen zunächst einen Anspruch auf Beschäftigung auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt haben. Darüber hinaus muss sich die Situation für Menschen mit Behinderungen in den Werkstätten deutlich verbessern. Deswegen ist es gut, dass die Bundesregierung beispielsweise das Entgeltsystem reformieren will – das ist längst überfällig. Weitere Maßnahmen haben wir gestern und heute in Erfurt diskutiert.“
Joachim Leibiger, Landesbeauftragter für Menschen mit Behinderungen des Freistaats Thüringen, wies auf jahrelange Debatten über die Zukunft der Werkstätten mit Behinderung hin. Es sei „Zeit, mutige Schritte zu gehen, die die Menschen mitnehmen und gleichzeitig zu mehr Beschäftigung auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt führen. Die Werkstätten für Menschen mit Behinderungen sollten sich weiterentwickeln. Den Inklusionsbetrieben könnte zukünftig eine zentralere Rolle zukommen. Es muss die Vision eines inklusiven Arbeitsmarktes 2030 verfolgt werden“, so der Landesbeauftragte.
Die Forderungen der Erfurter Erklärung beziehen sich auf drei Bereiche:
- Werkstätten für behinderte Menschen
- Inklusionsbetriebe
- Inklusives Arbeits- und Sozialrecht
Die komplette Erklärung finden Sie im Anhang als PDF Dokument beigefügt.