Die Lohnuntergrenze steigt heute zum 1. Oktober von 10,45 Euro auf 12 Euro je Stunde. Das ist eine Erhöhung um knapp 15 Prozent. Seit Jahresbeginn beträgt die Steigerung laut eines tagesschau-Berichts rund 22 Prozent. Doch der Mindestlohn, für dessen massive Erhöhung sich die Koalition aus SPD, Grünen und FDP eingesetzt haben, lässt rund 330.000 behinderte Menschen aussen vor, nämlich diejenigen, die in Werkstätten für behinderte Menschen arbeiten. Deren Entgelt bleibt bei durchschnittlich ca. 220 Euro pro Monat, also bei einem Lohn von unter 1,50 Euro stecken.
6,64 Millionen Menschen profitieren von der Erhöhung des Mindestlohns. Zumindest verdienen so viele Beschäftigte laut einer Studie des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung derzeit weniger als 12 Euro. Davon sind 3,5 Millionen Frauen und 2,7 Millionen Männer, wie es auf tagesschau.de heißt.
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Wie die tagesschau ebenfalls berichtet, steigt die Minijob-Grenze zum 1. Oktober 2022 von 450 auf 520 Euro. Damit wird die Verdienstgrenze das erste Mal seit 2013 angehoben. Sie wird sich künftig dem Bericht zufolge am Mindestlohn orientieren. Minijober*innen könnten bei dieser Grenze rund 43 Stunden im Monat arbeiten, wenn die Beschäftigung auf dem Niveau des Mindestlohns basiert.
Dass die ca. 330.000 Beschäftigten von Werkstätten für behinderte Menschen weit von einem Mindestlohn entfernt arbeiten müssen, das zeigt der vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) vor kurzem veröffentlichte zweite Zwischenbericht über die Studie zu einem transparenten, nachhaltigen und zukunftsfähigen Entgeltsystem für Menschen mit Behinderungen in Werkstätten für behinderte Menschen und deren Perspektiven auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt, der einige Fakten liefert.
Betrachtet man die Entgeltkomponenten Grundbetrag und Steigerungsbetrag, die von den Werkstätten erwirtschaftet werden, so lag das durchschnittlich gezahlte Werkstattentgelt in zwei Dritteln der untersuchten Werkstätten für behinderte Menschen (WfbM) bei bis zu 190 Euro pro Monat, weitere 14 % der WfbM zahlten ein durchschnittliches Entgelt zwischen 190 Euro und 220 Euro, rd. 10 % zwischen 220 und 250 Euro und 11 % 250 Euro oder mehr. Das durchschnittliche Entgelt ist von 167 Euro im Jahr 2015 auf 179 Euro im Jahr 2019 gestiegen“, heißt es u.a. in der Zusammenfassung des zweiten Zwischenberichts der Studie. An der Befragung beteiligten sich 311 Werkstattleitungen aus allen 16 Bundesländern. Die Beteiligungsquote lag bei 42 %.
Beitrag von Ottmar Miles-Paul, Kobinet