Guten Tag, Frau Frind, Sie sind Werkstatträtin und arbeiten in einer Werkstatt für behinderte Menschen. Was ist Ihre Aufgabe ?
Ich kümmere mich um die Belange der Menschen mit Behinderung, die in den Werkstätten arbeiten. Es gibt Alltagsprobleme bis hin zu Anliegen, die unsere Situation grundlegend als Menschen mit Behinderung verbessern sollen. Wir als Werkstatträte waren in der Corona Krise noch mehr gefordert als sonst. Wir wurden damit noch sichtbarer! Es ist deutlicher als zuvor, dass wir benötigt werden, um die Interessen behinderter Menschen in den Werkstätten zu vertreten.
Wie erging es Ihnen während der Corona-Pandemie?
Für mich und viele andere Menschen war es besonders schlimm, nicht arbeiten zu können. Das selbst bestimmte Leben war plötzlich weg. Die notwendige Tagesstruktur gab es nicht mehr. Für einige ist das leider heute noch so. Und ich weiß von vielen Menschen, denen es psychisch sehr schlecht ging und noch heute geht.
Am Freitag hatten Sie Besuch von Ministerpräsident Bodo Ramelow in der Werkstatt. Welche Bedeutung hat dieser Besuch für Sie?
Ich freue mich riesig, dass Bodo Ramelow so schnell auf meine Einladung reagiert hat! Das unterstützt meine Arbeit als Werkstatträtin und Frauenbeauftragte. Ich kann diesen Impuls auch in die vielen Gremien mitnehmen, in denen ich tätig bin. Sein Besuch zeigt mir, dass wir doch vieles bewegen können. Und er signalisiert mir damit, dass er hinter unseren Anliegen steht!
Was erhoffen Sie sich zukünftig?
Ich erhoffe mir durch diesen Besuch von Bodo Ramelow, dass die Akzeptanz für die Situation behinderter Menschen steigt. Für mich persönlich: dass ich mehr Akzeptanz finde, um meine politische Arbeit für Menschen mit Behinderung noch viel stärker fort zu führen. Und ich fühle mich tatsächlich dadurch für die nächsten Schritte gestärkt!
Wo sehen Sie Ihre Unterstützung?
Ich möchte mich zukünftig besonders stark machen für behinderte Frauen. Ich sehe mit Besorgnis, dass Frauen mit Behinderung häufig mehrfachen Diskriminierungen ausgesetzt sind. Dieses Thema soll viel mehr publik gemacht werden. Noch ist dieses Thema viel zu wenig präsent!
Daneben liegt mir das Thema Menschen mit psychischen Erkrankungen am Herzen. Gerade in der Corona Krise gab große Probleme. Es betraf sehr viele behinderte Menschen, die in Wohnheimen leben und nicht besucht werden konnten oder Menschen, die alleine leben und nicht in die Werkstatt konnten. Da müssen alle Beteiligten für die Zukunft lernen, wie wir als Menschen miteinander umgehen. Und wir müssen bessere Lösungen für die betroffenen Menschen finden. Statt fremdbestimmter Fürsorge muss die Selbstbestimmung gestärkt werden! Deshalb ist es mir so wichtig, dass die Politik mit den Betroffenen selbst zusammenarbeitet und sie auch direkt kontaktiert!
Herzlichen Dank für das Interview!
Für Interessierte gibt es hier den MDR-Mitschnitt vom Besuch von Ministerpräsident Bodo Ramelow in der Werkstatt für behinderte Menschen am 10.07.2020!
(Das Gespräch mit Nancy Frind führte Andrea Grassow telefonisch am 12.07.2020)